Samstag, 8. September 2012

Episode mit Vogel

Diese Woche wurde/wird die Magisterklause um einen nicht unbedingt erwarteten tierischen Zuwachs ergänzt: Chico, der Prachtrosella.


Eigentlich gehört Chico einer sehr guten Freundin, die indes letzte Woche umgezogen ist und schon lange wußte, daß Chico dann nicht mehr mit soll (die beiden haben seit Jahren ein eher schwieriges Verhältnis). Macht ja nix; ihr bleiben immernoch zwei Katzen und eine Venezuela-Amazone (a.k.a. "der geflügelte Tod" - Mistviech, vermaledeites!). Jedenfalls hat sie trotz allem erfolgreich verdrängt, daß man sich darum kümmern muß, daß Chico ein Zuhause findet, und sich erst ein paar Tage vorher gekümmert, wo dann natürlich nix mehr ging. Naja.
Chico und ich, wir hatten schon immer ein ausgesprochen gutes Verhältnis zueinander, so daß er nun für ein paar Tage zum Test zu mir gekommen ist. (Gut, das hätten wir schon vor Wochen probieren können. Hab ich ihr auch mehrfach angeboten. Ist sie nie richtig drauf eingegangen, womit sich die Sache für mich erledigt hatte. Naja.) Der arme Vogel stand buchstäblich als letztes in ihrer alten Wohnung und wann immer man sie im Laufe der letzten Tage darauf ansprach, reagierte sie äußerst gereizt. Naja. - Also, ja, ich war enttäuscht von ihr und ein wenig knatschig (der ganze Umzug war...diffizil...), schließlich kann der Vogel nix dafür. Er mochte sie auch nicht mehr so recht leiden und so waren vermutlich alle Beteiligten mit der Aussicht auf eine Trennung einverstanden; indes kann der Vogel nicht alleine weg.
Nachdem ich den ganzen Umzugstag in mich gegangen bin, hab ich gesagt, daß Chico für eine Probewoche mit in die Magisterklause darf. Ich hätte einfach ein unsagbar schlechtes Gewissen gehabt, hätte ich nicht wenigstens probiert, ob es klappt. Und Emil ist von einer umfassenden Freundlichkeit allen Dingen und Lebewesen gegenüber, während Chico Katzen kannte; viel besser konnten die Voraussetzungen für eine solche Haustierkombination doch gar nicht sein, oder?

Emil fand das auch alles hochspannend. Er versucht keineswegs, den Vogel zu jagen, würde aber gerne mit ihm spielen. Sieht der Vogel indes anders. Der fühlt sich hier, wo kein Robbie, die Amazone, die Hackordnung bestimmt als großer Macker und reagiert - nachdem sie sich beide einen Tag friedlicher Neugier beäugt haben - erstaunlich aggressiv auf Emil. Der sich freut, daß der Vogel auf ihn reagiert und sich zum Spielen aufgefordert sieht. Was den Vogel ziemlich annervt. Ein animalischer Teufelskreis. Wenn auch eine unerwartete Konstellation.

 Samstag, 23 Uhr. Chico zieht ein.


Jedoch bisweilen durchaus unterhaltsam. (Der Vogel geht nicht raus! Ihm kann also nichts passieren! Da darf ich mich also nicht allzu schlechten Gewissens amüsieren.)
Es hat Emil, meinen geliebten kleinen, dusseligen Schönling, auch nur drei Anläufe gekostet, um rauszufinden, daß das bunte Ding in der komischen Kiste die Geräusche macht. Chico war nämlich die ersten Stunden ruhig - und als er dann was von sich gab, ist Emil impulsiv vom Käfig zum Fenster gerannt; klar, unbekannte Geräusche können nur von draußen kommen... Nächste Stufe war das Stadium "Wenn ich meine Pfote hebe, macht das Ding Geräusche. Tolles Spielzeug!" - ich fürchte, dieses Stadium hat Chicos Sympathie nicht unbedingt befördert.
Ab und an mußte ich den Kater vom Käfig pflücken. Nicht bei allem, worauf man klettern kann, ist es schließlich auch eine gute Idee. Er hat sich diesbezüglich freundlicherweise einsichtig gezeigt.
Schön ist, wenn ich, weil gerade ein gewisser Unruhe-Peek vorherrscht, ein zugegeben genervtes "Alle beide!" in den Raum pflaume und sie mich alle beide in kurzem Innehalten und einmütiger Empörung verletzten Stolzes vom Käfig aus angucken. Daß sie nicht "aber der hat angefangen!" antworten, ist echt alles...
Emil verliert nun zunehmend das Interesse an Chico; das würde aber vermutlich nicht so bleiben, wenn der Vogel draußen wäre. So schaut er nur zwischendurch mal am Käfig vorbei, ob da nicht doch was spannendes geht.

Chico wird also hier nicht bleiben können; ich kann ihn einfach nicht vernünftig halten. Ich gebe zu, die Wahrscheinlichkeit war absolut gegeben; aber wie gesagt, hätte ich mich schlecht gefühlt, hätte ich es nicht wenigstens probiert. Nun wird er nächste Woche verspätet nach Osnabrück nachziehen und dort dann weitere Lebensplanungen vorgesetzt bekommen.
Warum dieser Sermon also? Die Frage stellt sich zu recht. Schlichte Antwort: Weil mich die Geschichte beschäftigt. Chico tut mir einfach leid. Es bleibt ein schaler Nachgeschmack.




PS: Emil ist seit Chicos Einzug anhänglich und für seine Verhältnisse ungewöhnlich ruhig-verschmust, das heißt er bleibt länger als zwanzig Sekunden ruhig und legt sich sogar von sich aus auf den Schoß. (Gott!, das ist so großartig! Was hat mir das gefehlt, einen felinen Schoßwärmer zu haben!)
Ob mein grundfreundlicher, sozialer Kater am Ende eifersüchtig ist?
 
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